SENSATION DES SEHENS

DIE SAMMLUNG WERNER NEKES – Vol. 1 BAROCK und Ausblick auf
Vol. 2 im 19. JAHRHUNDERT

Ausstellung im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln, in Kooperation mit der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln mit Objekten aus der Sammlung Werner Nekes.

Die Sammlung Werner Nekes nahm ihren Anfang in Nekes‘ Frage »Was geschah wirklich zwischen den Bildern?«, wie der Titel einer seiner Dokumentarfilme lautet. Doch bald wurde deutlich, dass die hier dokumentierten optischen Künste mehr als eine reine Vor-Geschichte des Films sind. Vielmehr sind sie Meilensteine jener historischen Bild- und Schaukünste, aus denen die heutige Medienlandschaft erwachsen ist. Die Interventionsreihe »Sensationen des Sehens« eröffnet durch den Dialog zwischen beiden Sammlungen eine Möglichkeit, sinnlich und spielerisch dieser zu entdeckenden Geschichte auf die Spur zu kommen.

Die bewegten Zeiten zwischen Reformation, Dreißigjährigem Krieg und Aufklärung wirkten auf die Weltsicht nicht allein im philosophischen, sondern auch in einem sehr unmittelbar künstlerisch-medialen Sinne. In der Spannung von Naturwissenschaft, Philosophie und Theologie, aber auch Aberglauben und Lust am Spektakulären entfaltete sich eine neuartige visuelle Kultur, in deren Zentrum die Sensation des Sehens stand. Technische Innovationen, wie das verbesserte Linsenschleifen, ein vertieftes Verständnis für die Gesetze der Optik sowie eine opulente Bildersprache gingen ein enges Wechselverhältnis ein und befeuerten sich gegenseitig.

Von späteren ästhetischen Theorien verbannt gab es einen eigenen Namen für diese Kunst: Die Thaumaturgia, die Kunst Wunder zu machen. Die Thaumaturgia, der Aufklärung als schwärmerisches Schmuddelkind verdächtig, ist ein Ariadnefaden in die terra incognita der vielgestaltigen visuellen Kultur, die gleichermaßen der Wissenschaft wie der Kunst, der Philosophie wie der Unterhaltung diente. Angesichts der mannigfaltigen Erschütterungen felsenfest geglaubter Gewissheiten erschien das Wundern – in der Breite von Faszination bis Furcht – nun eine adäquate Grundhaltung zu sein.

Dabei vollzog sich eine bemerkenswerte Doppelbewegung: Auf der Seite erweiterte sich das Bilderrepertoire signifikant, denn die neuen Präsentationsformen erlaubten eine Zirkulation zwischen unterschiedlichen Künsten und Techniken. Die Guckkästen verbanden die Kunst der optischen Apparate mit der Druckkunst, die wiederum in gleichem Maße an der Bildenden Kunst partizipierte wie an den Bühnenkünsten. Die kategoriale Trennung von Malerei, Theater und Druckkunst verschwand im Licht einer Präsentationspraxis, die sich nicht an abstrakten Kategorien orientierte, sondern einzig auf das Staunen, Wundern, Gruseln seiner Zuschauerinnen und Zuschauer abzielte.

Die faszinierende Sammlung Werner Nekes zieht im Rahmen der aktuellen Ausstellungstrilogie vom Barock zum Impressionismus weiter. Ab 8. September 2023 steht die eigens für den dreiteiligen Dialog zwischen Nekes-Sammlung und Wallraf erbaute Wunderkammer mit ihren ausgesuchten Exponaten der Bilderzeugung inmitten (post-) impressionistischer Meisterwerke von Gauguin, Morisot, Monet oder van Gogh.

Horizontales Perspektivtheater für sechs Bildebenen Mit Engelbrecht‘schen Perspektivischen Vorstellungen Bildnachweis: © Hermann und Clärchen Baus

(c) Hermann und Clärchen Baus

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